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Der systemische Ansatz in der Borderline-Therapie

Das Erstgespräch - pars pro toto

In: Dammann, Gerhard/Janssen, Paul L. (Hrsg): Psychotherapie der Borderline-Störungen. Stuttgart. Thieme (2001).

Dem Erstgespräch, das in der Regel aus zwei Sitzungen in einem Abstand von vier Wochen besteht, kommt in der systemischen Therapie eine besondere Stellung zu (Simon u. Stierlin 1984). Es stellt eine in sich geschlossene Inszenierung dar und ersetzt bei vielen Fragestellungen und Diagnosen eine weitere Therapie. Durch den besonderen Aufbau des Erstgesprächs werden für die Klientinnen die Muster deutlich, innerhalb derer sich die Symptomatik entwickeln konnte. Durch wiederholte Perspektivenwechsel wird die eigene Rolle im Gesamtkontext klarer, und es entstehen neue Impulse für gangbare nächste Schritte und günstigstenfalls auch für Musterveränderungen.

Auch im Falle einer Therapieplanung über mehrere Sitzungen hat das Erstgespräch eine zentrale Funktion: Therapieaufträge werden geklärt, Beziehungsmuster werden sichtbar gemacht, ein positiver Sinnzusammenhang wird hergestellt und Visionen werden entworfen. Zudem wird der Grundstein für die therapeutische Beziehung gelegt und die Bedingungen für eine gelingende Kooperation geschaffen. Viele strukturelle und inhaltliche Elemente des Erstgesprächs tauchen auch in späteren Gesprächen wieder auf, so daß man sagen kann, daß das Erstgespräch die Grundlage und den Rahmen für die gesamte Therapie erstellt.

Eine besondere Rolle spielt die Auftragsklärung gleich zu Beginn des therapeutischen Gesprächs. Sie strebt jedoch weder eine Erhebung der Krankengeschichte noch eine lineare Zieldefinition an. Vielmehr geht es in dieser Phase um komplexe Abstimmungsvorgänge auf verschiedenen Ebenen. Zum einen werden im Laufe der Auftragsklärung die Vorstellungen von Klientin und Therapeutin bezüglich des therapeutischen Prozesses deutlich, zum anderen werden diese Vorstellungen strukturell miteinander gekoppelt (Maturana u. Varela 1987).

Die Methode der Auftragsklärung schafft gleich zu Beginn der Therapie einen Rahmen für "konsensuelle" und "dissensuelle" Bereiche, die beide für den weiteren therapeutischen Prozeß von großer Bedeutung sind. Konsens ist in der Regel dann gegeben, wenn die Vorstellungen von Therapeutin und Klientin ähnlich sind was z.B. Form oder Inhalt der Therapie angeht. Übereinstimmung in Bezug auf die Rahmenbedingungen unterstützt den therapeutischen Prozeß und hat u.a. zur Folge, daß Nähe entsteht. Von besonderer Bedeutung für den Therapieverlauf sind allerdings auch die Bereiche, in denen zunächst keine Einigkeit zwischen Therapeutin und Klientin erreicht werden kann, in denen z.B. die Therapeutin Aufträge, die von Seiten der Klientin kommen, nicht oder nur modifiziert annimmt. In diesen Fällen können wir von intendierten Erwartungsenttäuschungen sprechen. Wenn es in solchen Situationen gelingt, gegenseitige Erwartungen neu auszuhandeln, sind nicht nur für die therapeutische Beziehung wichtige Schritte umgesetzt, sondern in der Regel auch erste Lösungsschritte aus den symptomatischen Zusammenhängen heraus gegangen worden.

In der Beziehung zwischen Klientin und Therapeutin realisiert sich im Kleinen die Beziehung System/Umwelt, die die Klientin auch in ihrem Alltag aufbaut. Insofern sind die in der Therapie zu beobachtenden Interaktionsmuster von besonderer Relevanz für die Erhebung des Status quo bzw. der Diagnostik. Darüber hinaus ermöglicht die Fokussierung auf diese Muster auch ein Denken und Handeln in Musterveränderungen im Sinne einer Kybernetik zweiter Ordnung (von Förster 1974). Wenn es gelingt, im therapeutischen Gespräch Beziehungsmuster zu ändern und dies mit positiven Veränderungen für die Klientin zu koppeln, dann bedeutet dies, der Klientin neue Erfahrungen zu ermöglichen und ihre Optionen bezüglich der Gestaltung ihrer Beziehungen zu erweitern.

Zum Gesamtkomplex der Auftragsklärung zählt das Erfragen und das Aushandeln der Vorstellungen sowohl bezogen auf die gesamte Therapie als auch auf das Erstgespräch. Therapieübergreifend kann man sagen, daß es den therapeutischen Prozeß erheblich unterstützt, für jede Stunde den Auftrag zu klären etwa mit Hilfe der Frage: "Was müßten wir heute besprechen, damit Sie am Ende das Gefühl haben, einen Schritt weiter gekommen zu sein?" Diese Frage steht nicht notwendigerweise immer zu Beginn einer Sitzung; es kann auch ausreichen, sie zehn Minuten vor Ende einer Sitzung zu stellen.

 

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