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Feministische Ansätze

In: Kriz, Jürgen/ Nohlen, Dieter/ Schultze, Rainer-Olaf (Hrsg): Lexikon der Politik. Band 2: Politikwissenschaftliche Methoden. München. Beck (1994).

Unter feministischen Ansätzen (f.A.) werden solche sozialwissenschaftlichen Perspektiven verstanden, die explizit Frauen, weibliche Lebenszusammenhänge und die Geschlechterbeziehungen ins Zentrum der Betrachtung und wissenschaftlichen Analyse rücken. Diese Sichtweisen sind verbunden mit dem Feminismus als sozialer Bewegung (Frauenbewegung) und als politische Theorie (feministische Theorie). Kritik an der als patriarchal begriffenen gesellschaftlichen Wirklichkeit mit dem Ziel, die rechtlichen, ökonomischen und politischen Verhältnisse zugunsten von Frauen zu verändern, ist ein charakteristisches Element feministischer Ansätze. Sie hat nicht nur die Machtverhältnisse in der Gesellschaft erfaßt, sondern zunehmend auch die Denkverhältnisse in Form einer feministischen Wissenschafts und Rationalitätskritik.

Es gibt eine Fülle unterschiedlicher f. A., die eine Reihe grundsätzlicher Kontroversen im Feminismus widerspiegeln, teilweise in dessen interdisziplinärem Charakter liegen. Gleichwohl lassen sich für alle f. A. einige gemeinsame erkenntnisleitende Annahmen und Grundsätze feststellen:

  1. Die Differenz der Geschlechter ist eine Strukturkategorie wissenschaftlicher Analyse, sowohl bezogen auf die Forschungsobjekte als auch auf die forschenden Subjekte. Die genderZugehörigkeit der Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler macht einen Unterschied. Die gleichen Dinge haben für Männer und Frauen nicht die gleiche Bedeutung. Gender „als theoretische Kategorie und analytisches Werkzeug“ bringt zum Ausdruck, daß „Männern und Frauen in der geschlechtsspezifischen Teilung der gesellschaftlichen Erfahrung unterschiedliche Auffassungen hinsichtlich ihrer selbst, ihrer Handlungen und Überzeugungen und ihrer Umwelt zugeschrieben werden können... Wissenschaft unterliegt der Geschlechtersemantik“ (Harding 1990: 30, 17).
  2. Die Wiss. ist männerzentriert (androzentrisch). In den angeblich geschlechtsneutralen Begriffen sind patriarchalische Werte und Normen tief verankert. Androzentrismus gilt auch für Forschungsfragestellungen, Theorien und Methoden der in männliche Projekte verstrickten Wissenschaft.
  3. Die bestehenden Geschlechterverhältnisse sind ein historisches und soziales Konstrukt. Sie sind demnach veränderbar, ihre Transformation normativ unabdingbar. Frauenforschung ist folglich an die politische Frauenbewegung rückgekoppelt.
  4. Forschung aus feministischer Perspektive artikuliert Betroffenheit und Parteilichkeit. Forscherinnen sind von der patriarchalen Wirklichkeit unmittelbar und persönlich betroffen. Ihr Lebenszusammenhang prägt ihr Erkenntnisinteresse. Feministische Forschung reflektiert die gesellschaftlich diskriminierte Situation von Frauen und nimmt die emanzipatorischen Zielsetzungen und die Erfahrungen der Frauenbewegung auf.

Unterschiede im feministischen Denken zeigen sich in folgenden Erklärungen der Unterdrückung der Frauen, die einem durchaus kämpferischen Nach und Nebeneinander von f. A. entsprechen:

  1. Liberaler Feminismus. Er definiert die Benachteiligung von Frauen als fehlende Gleichberechtigung und fordert gleiche Rechte für die Frau, die Beseitigung ihrer Diskriminierung in allen Bereichen des öffentlichen Lebens.
  2. Sozialistischer Feminismus. Er thematisiert die Gesellschaftsstrukturen und entfaltet eine Kritik der Klassenbeziehungen und Produktionsverhältnisse, durch die er die Unterdrückung der Frauen bedingt sieht.
  3. Radikaler Feminismus. Er zentriert seine Kritik auf die patriarchale Organisation der privat familialen Sphäre von Sexualität und Reproduktion, die er als Determinante des Männlichen und des Weiblichen sowie der Unterdrückung der Frauen sieht.
  4. Im Rahmen des radikalen Feminismus der gynozentrische Feminismus, der eine neue theoretische Kontroverse eröffnet mit dem als alternativ begriffenen humanistischen Feminismus, dem der liberale Feminismus und einige Vertreterinnen des sozialistischen und radikalen Feminismus zugeordnet werden können. Im Mittelpunkt der Unterscheidung stehen gegensätzliche Annahmen hinsichtlich Gleichheit oder Differenz der Geschlechter. Während der humanistische Feminismus von der Gleichheit ausgeht und diese politisch anstrebt, betont der gynozentrische Feminismus die Differenz. Er lehnt es ab, daß Frauen und Männer am gleichen Maßstab, konkret am standardsetzenden männlichen Modell beurteilt werden, und interpretiert die Unterdrückung der Frauen als Wertproblem, als „Ablehnung und Abwertung spezifisch weiblicher Tugenden und Aktivitäten durch eine allzu instrumentalistische und autoritäre männliche Kultur … Weiblichkeit ist für den gynozentrischen Feminismus nicht das Problem; vielmehr ist sie der Ausgangspunkt einer Vision der Gesellschaft und des Subjekts, die nicht nur Frauen, sondern alle Personen befreien kann“ (I. M. Young, in: List/Studer 1989: 46, 56).

 

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